Montag, 6. Juli 2015

Interessenkollision zwischen Bezirksrevisor - Pflichtverteidiger
Jeder so, wie er es mag kann !

Der öffentliche Dienst und damit auch die Justiz ist darauf bedacht, alle Mitarbeiter einer gleich großen Arbeitsbelastung auszusetzen. Das nennt man Fürsorgepflicht. Daher wird die Arbeitsbelastung jedes Mitarbeiters aus dem Vorjahr, wenn diese messbar ist, zur Neuverteilung der Arbeitsbelastung des Folgejahres herangezogen.

Das Maß der Arbeitsbelastung kann man auf sehr unterschiedliche Art und Weise messen. Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig scheint das Maß aller Dinge die Anzahl der Ermittlungsverfahren zu sein, die jeder Staatsanwalt pro Jahr bearbeitet.

Doch auch bei der objektivsten Behörde der Welt menschelt es. Denn warum sollte man eine dicke Akte nicht so lange als 27 einzelne Verfahren führen, bis es nicht mehr geht? Das bringt zusätzliche 26 Ermittlungsverfahren für die Statistik, schraubt also die Anzahl der bearbeitete Verfahren für das laufende Jahr in die Höhe und schafft eine Arbeitserleichterung im darauf folgenden Jahr. 

Für den beauftragten Pflichtverteidiger, so denkt sich dieser, ist dies alles auch ok, bekommt er doch seine Arbeit endlich einmal angemessen honoriert. Er rechnet sich schon insgeheim die Gebühren aus: 27 x Grundgebühr, 27 x Verfahrensgebühr, 27 x Postpauschale, [...]. Doch da hat er die Rechnung ohne den Igel in Gestalt des Bezirksrevisors in den Taschen der Justiz gemacht. Der mag den Pflichtverteidiger nämlich nur mit Brosamen abspeisen.

Argumentation des BezRevs: Der Pflichtverteidiger hat zwar Einsicht in 27 einzelne Akten und damit in 27 eigenständige Ermittlungsverfahren erhalten, aber es sei doch offensichtlich und war von der Staatsanwaltschaft von vornherein beabsichtigt gewesen, diese 27 Verfahrenzu zu einem Verfahren zu verbinden. Tatsächlich handele es sich um eine Rechtssache im Sinne des RVG. Man hätte diese einzelnen Verfahren ja auch in einer Ermittlungsakte unter 27  Fallakten führen können. 

Richtig, Herr Bezirksrevisor, hat man aber nicht! Und dies sieht auch das LG Braunschweig so.

Was das Landgericht Braunschweig von dem Thema "Schönen von Statistiken" hält und ob der arme Pflichti sich morgen noch eine Scheibe Wurst auf dem trockenen Brot leisten kann lesen sie hier oder hier: StraFo 2010, 513.

(c) RA Kai Hertweck

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