Mittwoch, 22. Juli 2015

Landgericht Braunschweig
Schweigen Ein spätes Geständnis gibt Strafaufschlag

Der Mandant ist, zugegebenermaßen, böse. Er hat Dinge gemacht, die ich hier nicht weiter ausbreiten möchte. Er ist böse und dafür wird er bestraft werden. Das weiß er auch, sieht es ein und akzeptiert es.

Aber auch in dieser Situation hat ein Angeklagter Rechte. Einige dieser Rechte, eine Errungenschaft der Strafrechtspflege, sind das Schweigerecht und die Selbstbelastungsfreiheit.
Jeder Beschuldigte und auch jeder Angeklagte darf schweigen, in jedem Stadium des gegen ihn geführten Verfahrens. Dieses Schweigen ist zulässiges Verteidigungsverhalten.
Kein Beschuldigter und auch kein Angeklagter ist verpflichtet, in einem gegen sich gerichteten Verfahren Hilfe zur Aufklärung der Tat zu leisten.

In meinem Fall hatte der Mandant bis zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht Braunschweig geschwiegen. Sein gutes Recht. Weil aber die Ermittlunbeörden die Straftat aufklären müssen, haben sie die einzige Zeugin, die Geschädigte, richterlich vernehmen lassen.

In dem Urteil des Landgericht gab es deswegen einen Strafaufschlag für den Angeklagten. Begründung: Weil wegen des zulässigen Verteidigungsverhaltens Schweigens des Angeklagten im Ermittlungsverfahren eine richterliche Vernehmung der Geschädigten notwendig geworden sei und der Angeklagte dem Tatopfer diese belastende Vernehmung nicht erspart habe, sei dies strafschärfend zu berücksichtigen.

Auf Deutsch: Weil der Angeklagte von seinen verfassungsmäßigen Rechten in zulässiger Weise gebrauch gemacht hat wird er nun schwerer bestraft.

Aha, Wieder mal dazugelernt!

Mal sehen, ob der BGH dies auch so sieht.

LG Braunschweig, (c) RA Kai Hertweck

1 Kommentar:

  1. Die Revision des Angeklagten wird als offensichtlich unbegründet verworfen, da eine Nachprüfung des Urteils keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der Stellungnahme des Generalbundesanwaltes verwiesen, die sich der Senat nach eigener Sachprüfung zu Eigen macht. Ergänzend bemerkt der Senat: Soweit sich der Angeklagte dagegen wendet, das Landgericht habe zulässiges Verteidigungsverhalten als strafschärfend gewertet, kann ein Beruhen des Urteils auf diesem Rechtsfehler ausgeschlossen werden, § 337 Abs. 1 StPO. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht ohne diese Erwägungen eine mildere Strafe verhängt hätte.

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