Tierschutz vor menschlichem Gesundheitsschutz
Zum Stellenwert von Körperverletzung vs. Tierschutzgesetz
bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig
bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig
Was die Justiz – oder sagen
wir mal, der eine oder andere Staatsanwalt – von Opfern und dessen
Problemen und Ängsten hält, ist zum Teil bemerkenswert, bisweilen aber auch sehr erschreckend. So ein Schreck ist mir gestern vor dem Landgericht in
Braunschweig in die Glieder gefahren.
Ich vertrat eine
Nebenklägerin, die von dem Angeklagten verletzt und beleidigt wurde und deren
Hund vom Angeklagten getreten worden sein soll. Zwischen dem Angeklagten und
einigen Mitbewohnern schwelen bereits seit einigen Jahren Streitigkeiten und es
wird ein offener, gegenseitiger Hass kultiviert und gepflegt. Auch wurden
bereits mehrere Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung und Beleidigung
geführt. Alle diese Verfahren wurden aber wegen mangelnden öffentlichen
Interesses eingestellt und auf den Privatklageweg verwiesen.
In dieser Sache wurde der
Angeklagte durch das Amtsgericht Goslar mit Strafbefehl und auf
seinen Einspruch nach durchgeführter Hauptverhandlung dann durch Urteil wegen
Körperverletzung, Beleidigung und Verstoß gegen das Tierschutzgesetz zu einer Geldstrafe verurteilt.
Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein. Gestern wurde dann diese Berufung
vor dem Landgericht in Braunschweig verhandelt.
Die Vertretung der
Geschädigten in der Nebenklage habe ich erst für den abschließenden zweiten Tag
der Berufungshauptverhandlung angetragen bekommen. Vor Beginn der Sitzung unterhalte ich
mich deshalb kurz mit der Vorsitzenden und dem Staatsanwalt, um weitere Einzelheiten aus dem
ersten Termin zu erfahren. Und was schmettert mir da der Vertreter der
Staatsanwaltschaft Braunschweig frank und frei entgegen:
„Heute sitzen wir nur
hier, weil es diesmal nicht nur um Körperverletzung und Beleidigung, sondern um
ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz geht. Da hat dann das für den Tierschutz
zuständige Dezernat mal Anklage erhoben. Das wäre sonst auch wieder eingestellt und auf den Privatklageweg verwiesen worden.“
Aha - habe ich
verstanden. Mehrere, zwischen zwei Streithähnen stattfindende, Taten mit Körperverletzungs-
und Beleidigungsdelikten sind für die Staatsanwaltschaft nach durchgeführten Ermittlungsverfahren keine Anklage wert. Man
kann diese ja einstellen, sollen sich die Geschädigten selber um die Strafverfolgung kümmern. Zeit und Arbeit gespart. Super!
Wenn aber ein Hund getreten wird, dann lohnt sich das,
was sich bei der Verletzung und Beleidigung von Menschen nicht lohnt: eine
Anklage.
Läuft da vielleicht in
der Rechtsgüterabwägung etwas falsch?
Übrigens: Den Verstoß
gegen das Tierschutzgesetz sah das Landgericht als nicht erwiesen an. Die
Verurteilung wegen Körperverletzung und Beleidigung hat aber gehalten.
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