Freitag, 8. Mai 2015

Frei nach Udo L. aus HH:

Und ich mach mein Ding ...




Der Fall: 
Ich lege für den Mandanten Berufung gegen ein Urteil des AG Braunschweig ein. Zur Berufungshauptverhandlung vor dem LG Braunschweig werde ich ordnungsgemäß geladen und erscheine selbstverständlich pünktlich zum Termin. Wer nicht erscheint ist mein Mandant, obwohl dieser, so die Vorsitzende Richterin, ordnungsgemäß geladen wurde.

Es wird die Verwerfung der Berufung diskutiert.


Ich zücke Stift und Papier und stelle mir eine Vollmacht aus, mit der ich meinen Mandanten auch in seiner Abwesenheit vertreten kann.

Die Vorsitzende ist unsicher, ob ein Pflichtverteidiger sich selber eine Vollmacht für diese Zwecke ausstellen kann. Ich meinte zu ihr, kann ich wohl. Ergänzend wies ich auf Meyer-Goßner/Schmitt, § 329 Rn. 15a hin, wo geschrieben steht, dass der EGMR eine Verwerfung einer Berufung nur wegen Abwesenheit des Angeklagte, als Verstoß gegen
Art. 6 I, III lit. c MRK gewertet hat.

Juckte die Vorsitzende (und die Schöffen hatten wohl keine Ahnung was das Gerede mit dem EGMR sollte) aber nicht:

Die Berufung wird verworfen! 
Begründung der Kammer: Zwar kennt das Gericht die Entscheidung des EGMR (NStZ 13, 350; StraFo 12, 490), aber es halte sich lieber an deutsche Gesetze und die Rechtsprechung der OLGs.

Is ja toll! Für den Rechtslaien übersetz heißt dies:
Ich weiß zwar, dass ich die Berufung nicht verwerfen dürfte, weil dies Art. 6 I, III lit. c MRK verletzt und damit gegen höherrangiges Recht verstößt; ich verwerfe die Berufung aber dennoch, weil ich lieber deutschem Recht folge und von meinem OLG in Braunschweig weiß, dass der meine Entscheidung sicher hält.

Sehenden Auges Recht gesprochen!

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